Warum Bewegungslandschaften nicht nur Spaß machen

Die Kinder kommen wie jeden Freitag zusammen mit Mama oder Papa in die Sporthalle. Doch irgendwas ist anders. Normalerweise liegen zu Beginn der Stunde alle Bälle in der Halle verteilt, aber heute stehen dort Kästen, Matten, Bänke und ein Barren zu verschieden Stationen aufgebaut. Manche rennen sofort los, andere schauen es sich lieber von sicherer Entfernung an. Vielleicht kommt bei ein paar Eltern der Gedanke auf: „Das ist ja schlau. Stationen aufbauen, damit die Kinder machen können, was sie wollen und schon hat der Übungsleiter weniger Arbeit.“ Doch bedeutet eine Bewegungslandschaft wirklich nur weniger Arbeit – Beschäftigungstherapie?

Zuerst einmal zur Aufklärung der Frage: Was ist überhaupt eine Bewegungslandschaft? Eine Definition wäre: Bewegungslandschaften enthalten zum Teil feststehende Gerätschaften, durch ihre Zusammenstellung vielfältige Bewegungserfahrungen für Kinder aller Altersstufen ermöglichen.

Gerade diese Saison stoßen wir Übungsleiter immer wieder an Grenzen, wenn wir versuchen, ein breites Angebot für unsere mittlerweile 26 teilnehmende Kinder unterschiedlichen Alters und Entwicklungsständen anzubieten.

Bei einer Bewegungslandschaft haben die Kinder die Möglichkeit, für sie relevante und interessante Bewegungen umzusetzen. Wenn ein Kind gerne das Springen über will, wird es sich aus diesem Gedanken heraus wohl etwas suchen, das genau die gewünschte Funktion hat. Eine Bewegungslandschaft ist also auch für Gruppen mit gemischten Entwicklungsständen geeignet, da jeder durch einfache Bauelemente und den selbstständigen Umgang großräumige Bewegungserfahrungen machen kann. Durch die Fantasie der Kinder kann ein Teil der Bewegungslandschaft vielfältig benutzt werden. So ist zum Beispiel für ein Kind ein hoher Kasten mit Turnmatten an den Seiten eine Möglichkeit das Springen und Landen zu üben. Für ein anderes Kind hat es die Funktion das Hochklettern auszuprobieren. Oft wird aus den verschiedenen Ideen der Kinder in einer Gruppe ein gemeinsames Spiel entwickelt, was wiederum den sozialen Aspekt aufzeigt.

Dabei entstehen Spielpartnerschaften, die in einem anderen Rahmen vielleicht nicht stattfinden würden.Durch das selbstständige Ausprobieren erlangen die Kinder allmählich Bewegungssicherheit und lernen, sich selbst und die Materialien richtig einzuschätzen. Da die Bewegungen meist einen direkten Bezug zur lebenspraktischen Realität haben und übertragbar auf den Alltag sind, können die Kinder die erlangte Sicherheit darauf übertragen. Die Kinder erlangen ein Gefühl dafür, Situationen für sie selbst einzuschätzen, Unsicheres zu üben und ggf. andere Lösungswege zu finden. Sie werden also selbstständiger. Deswegen ist eine der Absichten, bei Bewegungslandschaften, dass der Übungsleiter nicht auf vorschnelle Hilfestellungen zurückgreift, sondern die Kinder eigene Erfahrungen machen lässt, nicht zuletzt, um sie in ihrem Tun zu bestärken. Die Kinder lernen mit der Zeit, zum Beispiel beim Kippeln oder Rutschen ihre Kraft gezielt einzusetzen. Zudem steht die Gleichgewichtsfähigkeit häufig im Mittelpunkt der Aufbauten. Darunter fällt allerdings nicht nur das Balancieren, sondern auch das Erreichen von Bewegungskontrolle, und damit ein Schritt zur Förderung der Koordination.

Weiterhin zielen Bewegungslandschaften darauf ab, dass die Kinder gemäß den Prinzipien der Entscheidungsfreiheit und der Freiwilligkeit ein Bewegungsverständnis entwickeln, also herausfinden, zu was sie in der Lage sind, was sie üben müssen oder wollen und was sie sich noch nicht zutrauen. Deswegen sollte der Schwierigkeitsgrad der Aufbauten möglichst variabel sein.

Wenn dann die Kinder diese beschriebene Sicherheit und Bewegungskontrolle erlangt haben, hat der Übungsleiter in diesem Moment wirklich leichteres Spiel – die Kinder bewegen sich Selbstständig in der Halle und wissen, wie sie Situationen richtig einschätzen. Dabei holen sie sich wenn nötig Hilfe bei den Übungsleitern, oder im besten Falle bei anderen Kindern. Diese Atmosphäre, in der sich die Kinder sicher fühlen und offen dafür sind, ihre „Schwächen“ zuzugeben, kann nur durch präzise Planung und die richtige Einschätzung der Kinder durch die Übungsleiter entstehen. Wenn all diese Aspekte erfüllt werden, dann können sich die Kinder frei, ohne Angst (aber mit Respekt!) bewegen und sich selbst, nach ihrem Interesse und Können fördern.

(Bericht: Miriam Hoffmann)

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